Es ist Hoa Hoa Hoa Season und das bedeutet: Die Dreiecksbeziehung zwischen Bella, ihrem Vampir-Boyfriend Edward und dem Werwolf Jacob ist wieder ein großes Thema auf Social Media. So gibt es zahlreiche Reels, in denen die ikonischsten Szenen aus den Filmen nachgestellt werden – auf eine sehr humorvolle Art und Weise.
Twilight sowie die Nachfolger New Moon, Breaking Dawn und Eclipse stammen aus der Feder von der amerikanischen Autorin Stephanie Meyer. Im Jahr 2008 wurde der erste Band verfilmt, gefolgt von den anderen Teilen.
Die Fanbase war damals riesig. Vor allem junge Mädchen liebten die Bücher und Filme und wünschten sich, sie selbst wären an Bellas Stelle und könnten zwischen dem mysteriösen, glitzernden Vamp und dem heißblütigen Wolf wählen.
Ich war eines dieser Mädchen: Damals habe ich, genau in Bellas Alter, die Bücher verschlungen und selbstverständlich alle Filme im Kino gesehen.
Da Twilight, zumindest in meiner Bubble, immer noch ein Thema ist, habe ich mich gefragt, wie mir die Bücher wohl heute gefallen würden. Also habe ich mich getraut:
Mit meinen mittlerweile 34 Jahren kaufte ich mir den ersten Band von Twilight (in der englischen Originalfassung) und erklärte ihn zu meiner ersten Herbstlektüre dieses Jahres. Ich war gespannt: Wie würde sich das Buch als erwachsene Leserin wohl anfühlen?
Ich nehme das Fazit schon mal vorweg:
Seid froh, dass ich es gelesen habe, denn nun müsst ihr es nicht tun.
Warum? Ich versuche es für euch in sechs Punkten kurz und prägnant zusammenzufassen:
- Twilight hat keine richtige Handlung.
Ich beginne mit dem gravierendsten Punkt: Twilight hat keine richtige Handlung. Zumindest bis zu den circa letzten 50 Seiten. Dann erst beginnt nämlich der Plot mit James, der als Tracker Jagd auf Bella macht.
Die vorherigen Dreiviertel des Buches handeln schlichtweg nur davon, wie sich Bella und Edward kennenlernen, gegenseitig anschmachten und miteinander reden.
Nachdem ich die erste Hälfte relativ zügig durchgelesen habe, wurde es irgendwann so redundant und langweilig, dass ich mich regelrecht durchquälen musste.
Der Schluss des Buches mit der Flucht vor James und der dramatischen Szene im Ballettsaal schafft es dagegen, tatsächlich Spannung reinzubringen. Doch dann ist das Ganze auch schon so plötzlich wieder vorbei, wie es angefangen hat.
Klar – Twilight ist ein Liebesroman. Die Liebesgeschichte ist Dreh- und Angelpunkt. Aber irgendeine Art von Spannungsbogen muss für meinen Geschmack trotzdem vorhanden sein.
2. Die Schwärmerei ist unerträglich.
Wie viele Seiten kann man damit füllen, die Perfektion Edwards zu beschreiben? Stephanie Meyer: Ja.
Ab einem gewissen Punkt hat es nur noch genervt. Das Buch ist aus Bellas Perspektive geschrieben und so ist man als Leser*in dazu verdammt, non-stop ihren Schwärmereien zu folgen.
Ja, ich habe es verstanden: Edward ist wunderschön, sein Blick ist absolut fesselnd, seine Muskeln zeichnen sich unter seinem Shirt ab und er glitzert absolut wundervoll in der Sonne.
Reiß dich zusammen, Mädchen!
3. Die Charaktere sind flach.
Bella ist von Anfang an komplett auf Edward fixiert und hat nur ihn im Kopf. Familie, Freunde, Hobbys? Braucht sie alles nicht – es zählt nur Edward Cullen, ohne den sie einfach nicht leben kann.
Und das kann sie scheinbar tatsächlich nicht: Bella wird nämlich derart tollpatschig dargestellt, dass Edward sie ständig retten muss. Überlebensfähigkeit gleich null.
Oh und selbstverständlich ist Bella nicht wie die anderen Mädchen, aber – ohne dass sie Wert darauflegen würde – so hübsch, dass alle Jungs auf sie stehen. Das schreit förmlich nach Pick-me-girl.
Edward selbst bleibt ebenfalls sehr blass (Wortwitz beabsichtigt). Er wird als der leidende Vampir dargestellt, der sich von Bella fernhalten will, um sie zu schützen, aber einfach nicht ohne sie kann. That’s it.
Ja okay – er mag Musik. Wow. Und habe ich schon erwähnt, dass er gut aussieht?
Achja und Jacob? Anders als in meiner Erinnerung, die wohl deutlich mehr von den Filmen geprägt war, spielt er nämlich nur eine geringe Rolle in Twilight. Erst in New Moon wird sein Charakter als möglicher Love Interest und Feind der Vampire relevanter.
4. Show, don’t tell.
Kennt ihr den Leitsatz Show, don’t tell? Stephanie Meyer kannte ihn wohl nicht, als sie das Buch geschrieben hat. Sie zeigt kaum etwas und erzählt nur.
Was ich damit meine? Anstatt dass Gefühle oder beispielsweise Aspekte des Vampirdaseins durch Ereignisse und die Handlungen der Charaktere deutlich gemacht werden, beschreibt und erklärt sie diese meist nur – entweder im Dialog zwischen Edward und Bella oder einem Monolog in Bellas Gedanken.
So spielen Bella und Edward beispielsweise ein Spiel: Immer abwechselnd stellen sie sich Fragen, die der andere dann wahrheitsgetreu beantworten muss. Der/die Leser*in bekommt dadurch seitenweise Dialog vorgesetzt.
Dabei drehen sich die Gespräche oftmals im Kreis: Ständig reden sie darüber, dass es gefährlich für Bella ist, mit Edward zusammen zu sein. Dass Edward Angst hat, sie zu verletzten. Dass Bella fürchtet, dass er sie verlässt. Dass sie ohneeinander nicht können.
Das ist nicht romantisch, sondern auf Dauer einfach nur ermüdend.
5. Die Red Flags sind überall.
Mal ganz abgesehen davon, was in den anderen Bänden der Reihe noch so passiert (Renesmee und Jacob … wtf?!?), ist allein das erste Buch schon voller Red Flags:
Edward stalkt Bella, wenn sie schläft. Zu Beginn ohne ihr Wissen.
Bella gibt ihr komplettes Sozialleben für Edward auf und belügt alle Menschen, die ihr etwas bedeuten.
Edward redet davon, dass sie unwiderstehlich für ihn riecht und er sich kaum zurückhalten kann, sie nicht leerzutrinken, während er an ihrem Hals schnuppert.
Bella ist es egal, dass er sie jeden Moment aus Versehen umbringen können. Schließlich ist er absolut perfekt.
Sie will ihr komplettes menschliches Dasein für ihn aufgeben, obwohl sie ihn gerade erst kennengelernt hat und er ihr erster fester Freund ist.
Nicht zu vergessen: Er ist 107 Jahre alt. Ach so klar – mental ist er ja bei 17 stehengeblieben. Das macht es dann weniger creepy (Sarkasmus).
Fakt ist: Die Beziehung zwischen den beiden ist absolut toxisch.
6. Das sind keine echten Vampire.
Ja, natürlich ist der Vampir-Mythos schon ziemlich ausgelutscht. Und selbstverständlich muss auch Raum für Eigeninterpretationen sein. Aber mit den klassischen Vampiren haben die „Vegetarier“ aus Twilight nun wirklich nicht mehr viel gemein.
Die Cullens trinken kein Menschenblut und gehen zur High School bzw. sind in Carlisles Fall sogar als Arzt tätig? Und alle Vampire, selbst die Menschenblut saugenden Monster, glitzern, statt in der Sonne zu verbrennen oder zumindest geschwächt zu werden?
Als Vampir-Fan blutet mir wirklich das Herz.
Mein Fazit
Es gibt noch viel mehr zu sagen, doch ich belasse es dabei. Was wohl klar geworden ist: Meine nostalgisch-verklärte Sicht auf Twilight wurde durch das erneute Lesen definitiv zerstört. Für mich braucht ein gutes Buch mehr als hübsche Vampirboys.
Als Teenager, die eindeutig die Zielgruppe sind, hatte ich einen ganz anderen Blick auf Twilight. Mir gefiel die kitschige Romanze mit übernatürlichen Elementen. Heutzutage ist das nicht mehr mein Fall.
Zudem muss ich ganz klar sagen: Romance und Romantasy sind nicht meine bevorzugten Genres. Ich mag Liebesgeschichten – aber nicht als Hauptplot, sondern lediglich als Sideplot.
Für mich steht jedenfalls fest: Die anderen Bände schenke ich mir – noch mehr Beschreibungen von Edwards Schönheit ertrage ich wirklich nicht.
Ich bleibe lieber bei den richtigen Vampiren – wie z.B. in Die Schwarze Königin von Markus Heitz.




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